Meine Lieben, die Zeit rennt mir davon und ich habe fast gar keine Zeit mehr mich in Ruhe hinzusetzen und einen neuen Blogeintrag zu schreiben.. Für meine Endsenderorganisation muss ich jedoch in verschiedenen Zeitabschnitten Berichte schreiben, ich hab jetzt hier einfach mal meinen letzten Bericht gepostet. Dieser Bericht ist aber leider auch nicht ganz aktuell, den habe ich im März geschrieben..!
Bericht aus Passo Fundo
Hallo da bin ich wieder,
es kommt mir vor als wäre gar keine Zeit seit dem letzten Bericht
vergangen. Trotzdem ist wieder so viel passiert, neue Erlebnisse,
Erfahrungen, besondere Momente und viele neue Gesichter. Ich kann
jetzt schon sagen egal was noch kommt, dieses Jahr bleibt immer in
besonders guter Erinnerung!!
Mir geht es im Moment sehr
gut, ich habe Weihnachten bei meinen Großeltern verbracht und
Silvester am Strand gefeiert. Meine Großeltern leben in Sao Paulo,
im Gegensatz zu Passo Fundo eine riesen Metropolenstadt.
Ich hab wirklich Ferien
gebraucht, denn ich war sehr ausgelaugt von der Arbeit in der
„Creche“. Ich hätte nie gedacht das diese Arbeit so anstrengend
ist, man ist nicht nur Lehrerin sondern überall aktiv wo Hilfe
gebraucht wird. Mit den Ferien hatte ich das erste Mal eine längere
Zeit in Passo Fundo für mich und konnte ein wenig die Stadt erkunden
und viele Dinge machen die im Arbeitsalltag zu kurz kommen. In Sao
Paulo habe ich sehr gemerkt wie gut ich mich in Passo Fundo fühle,
denn ich habe diese Stadt sehr vermisst und bin deshalb sogar schon
früher zurück geflogen! :)
Sieben Monate bin ich
jetzt schon hier, und es wird nur besser. Ich habe für mich
entschlossen nach dem Jahr auch weiter in Passo Fundo zu bleiben, im
Juli werde ich versuchen an der Uni an genommen zu werden. Ich weiß
selber das dies ein verrückte Sache ist die ich da machen werde, und
das dies ein Schritt in eine andere Zukunft ist als vielleicht vorher
geplant. Aber ich weiß sehr das es gut für mich ist.
Das FSJ verändert nicht
nur die eigene Denkweise sondern auch ein Teil der eigenen
Persönlichkeit. Bei mir kann ich zum Beispiel feststellen, dass ich
viel geduldiger bin, direkter bin im Sinne von nicht drum rum reden
sondern direkt seine eigene Meinung zu vertreten und ich bin
selbständiger geworden. Sehr stolz darauf bin ich, das ich für
mich selber heraus gefunden habe das ich mein eigenes Leben auf die
Beine stellen kann, klar wird hier auch noch geholfen man ist nicht
ganz auf sich gestellt, jedoch finde ich ist es schon eine gute
Leistung und ein Lob für sich selbst wenn man merkt das man Teil des
Lebens hier ist, und nicht nur ein Besucher.
Man sollte jetzt nicht
denken das dieses Jahr nur gutes bringt, man hat gute sowie schlechte
Erfahrungen, doch aus all dem lernt man viel für sich selbst und mit
den Erfahrungen um zu gehen. Ich habe mir immer in schlechten
Erfahrungen gesagt, dass ich da überhaupt nicht traurig oder sauer
drüber sein muss, ein Jahr Zuhause in Deutschland wäre auch nicht
Perfekt sondern mit vielen Höhen und Tiefen verwickelt.
Meine Beziehung zu
Deutschland hat sich im Laufe der Zeit auch verändert, zu Beginn
meines Aufenthaltes war ich noch stark Abhängig von Zuhause, habe
aber dann auch schnell gemerkt das es nicht so gut ist für mich
immer in dieser starken Beziehung zu bleiben. Nicht weil ich die
Menschen dort nicht lieb habe und vermisse, sondern weil ich sonst
immer das Leben hier gelebt habe aber sozusagen nicht ganz dabei war
sondern immer mit dem Gedanken beschäftigt war ach das muss ich dem
noch schreiben, und ich muss die ja noch anrufen und der dies
erzählen. Mit der Zeit habe ich akzeptiert das ich mich jetzt
vielleicht etwas zurück ziehe, von meinen Freunden aus Deutschland
aber jedoch so viel neues dazu lerne indem ich das Leben in Brasilien
in vollen Zügen lebe. Ich bin mit allen Gedanken hier, und ganz
ehrlich gesagt meine echten Freunde verstehen das auch, so kann man
auch ganz von alleine Menschen auf einer anderen Art und Weise kennen
lernen.
Es hat viele Gründe warum
ich mich in Brasilien wohl fühle zum einen ist es wahrscheinlich,
weil ein Teil meiner Familie aus Brasilien kommt und ich mich selber
mehr als Brasilianerin als Deutsche fühle. Als ich an gekommen bin
konnte ich schon portugiesisch sprechen, sodass ich keine Probleme
mit der Eingewöhnung hatte. Ich fühle mich sehr gut integriert und
auf genommen.
Seit ein paar Wochen
arbeite ich nicht nur in der Creche der Vila Ipiranga, sondern auch
zwei Mal die Woche in der Creche der Vila Sao Luis. Man merkt direkt
sehr viel Unterschiede der Kinder und der Vila. Es kommt immer auf
den Stande der Vila an wie die Verhältnisse der Kinder und der
Creche sind. Zum Beispiel die Vila Ipiranga hat kaum gepflasterte
Straßen, und die meisten Familien leben in armen Verhältnissen,
sodass die Kinder auch ganz andere Verhaltensmuster zeigen und
bedürftiger sind an liebe und Aufmerksamkeit.
Die Vila Sao Luis ist
schon im Gegenteil dazu sehr zivilisierter, es gibt verschiedene
Läden, gepflasterte Straßen und keine Häuser aus Holz. In dieser
Gegend leben auch arme Menschen. Jedoch haben sie schon einen anderen
Stand als in der anderen Vila. Das Haus der Creche Sao Luis ist ein
großes Haus mit sehr viel Platz für wenig Kinder. Ich weiß nicht
woran es liegt, aber es kommen nur um die 80 Kinder pro Tag in diese
Einrichtung. In die andere Einrichtung die wesentlich eingeschränkter
ist mit den Räumlichkeiten und dem Spielraum im außen Bereich,
kommen fast jeden Tag um die 160 Kinder zum spielen, essen, lachen
und reden...
Eigentlich ist es sehr im
Vorteil für die Lehrer und die Kinder wenn weniger Kinder da sind,
jedoch wäre es sehr unverschämt Kinder und Jugendliche weg zu
schicken und nicht an den Projekten der Creche teilnehmen zu lassen.
Denn man kann kein Auswahlverfahren einbringen das die bedürftigsten
von den bedürftigsten auswählt, alle brauchen die Arbeit und
Unterstützung der Creche sehr.
Bald findet in Brasilien
die WM statt, und immer mehr wird darüber geredet. Alle fragen immer
und redet man viel über die WM sind alle schon aufgeregt, ganz im
Gegenteil.. Die meisten Brasilianer fragen sich warum man die WM nach
Brasilien geholt hat. Als es hieß die WM kommt nach Deutschland,
sind alle völlig verrückt geworden, waren glücklich und konnten
gar nicht mehr auf den Beginn warten. Hier weiß man noch nicht ob
man sich freuen soll oder nicht, was die WM mit sich bringen wird und
was im Nachhinein für das Land bleibt. Erst jetzt fangen die
Menschen an mehr darüber zu rede, dafür zu werben und sich zu
interessieren. Im letzten Jahr als die ganze Welt schon vor Vorfreude
auf WM schaute und immer ein Auge auf Brasilien hatte, hat man hier
nur ab und zu Neuigkeiten gehört wie „ Mann stürzt bei
Bauarbeiten für ein WMstadion vom Gerüst und stirbt“, „Brasilien
hängt mit den Vorbereitungen hinter her.“ Klar fragt sich da jeder
was kann das nur werden.
Ein großes Problem ist
das Brasilien viele Mangel hat, aber diese versucht zu verstecken.
Favelas werden abgerissen um Trainingslager oder Stadien zu erbauen.
Lebensmittelpreise, Hotelpreise und die Preise der öffentlichen
Verkehrsmittel steigen im ganzen Land sehr hoch an, und keiner
kümmert sich darum, jetzt zählt nur die WM.
Meiner Meinung nach war es
ein sehr großer Fehler die WM in dieses Land zu holen. Klar steht
Brasilien an erster Stelle für den Fußball und deren Legenden,
jedoch verstehe ich nicht warum man denn für die WM Geld ausgeben
kann, wenn viele andere Lebenswichtige Aspekte wie das Gesundheits-
und Bildungssystem fast gar nicht existieren.
Aber jetzt kann man nur
noch abwarten und schauen was dieses Spektakel mit sich bringen wird,
am Ende der WM wird dann erst alles sichtbar.
Februar und Anfang März
sind die Monate des Karnevals, nicht nur in Deutschland, sondern auch
in Brasilien. Ich komme aus Köln, die deutsche Hochstadt des
Karnevals. Hier in Brasilien feiert man aber eine andere
Karnevalskultur. Zusammenfassend kann man über den brasilianischen
Karneval nur sagen es wird getanzt, viel nackte Haut gezeigt, und ab
und zu versucht eine politische Nachricht zu übermitteln. Der
Karneval in Passo Fundo ist nicht sehr spektakulär, sechs
Karnevalsgruppen präsentieren sich und jede Gruppe hat um die 100
Teilnehmer.
Wenn man dann nach Rio
schaut, wo jede Gruppe um die 5000 Teilnehmer hat und die Kostüme
und Choreografien das ganze Jahr ein geübt werden als wäre es das
ein und alles, ist es schon sehr einfach hier. Aber was will auch
erwarten von einer kleinen Stadt, im Süden Brasiliens... :)
Dieser Bericht wird nicht
all zu lang, denn mir fehlen die Themen zum schreiben. All das was
mir wichtig war habe ich hier soweit es ging auf geschrieben, und
hoffe somit ein Stückchen Brasilien nach Köln geschickt.
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